Interview mit Marijke Lübker

Steckbrief:

  • Name: Franziska  Marijke Lübker
  • Alter: 45 Jahre
  • Wohnort: Gülzow
  • Ausbildung: Abitur in Unna, Ausbildung zur Versicherungskauffrau in Dortmund, Studium Lehramt Sekundarstufe 1 an der Uni in Bayreuth und Kiel 
  • Werdegang: seit 2017 Lehrerin und seit 2021 Schulleiterin an der Evangelischen Schule Gülzow

Hallo Marijke! Erzähle uns doch einmal kurz deinen beruflichen Werdegang.

Marijke Lübker: Ja, gerne. Ich habe nach dem Abitur zunächst eine Ausbildung zur Versicherungskauffrau gemacht. Eigentlich wollte ich schon immer Lehrerin werden, aber damals gab es in meinem Umfeld viele arbeitslose Lehrer, und meine Eltern haben mich dazu ermutigt, zuerst eine Ausbildung zu machen. So bin ich in der Versicherungsbranche gelandet und wurde nach meiner Ausbildung auch direkt unbefristet übernommen.

Und wie bist du dann doch noch Lehrerin geworden?

Marijke Lübker: Nach vier Jahren in der Versicherungsbranche habe ich mich entschieden, doch noch Lehramt zu studieren. Der Gedanke, eigentlich immer Lehrerin werden zu wollen, hat mich nicht losgelassen. So habe ich mich für die Sekundarstufe 1, also Realschule, mit den Fächern Sport und Wirtschaft entschieden. Mein Studium habe ich in Bayreuth begonnen, bin dann aber nach vier Semestern nach Kiel gewechselt, weil ich meinen jetzigen Mann kennengelernt habe.

 Das war bestimmt ein Kulturschock, oder?

Marijke Lübker: Ja, ein bisschen schon. Erst vom Ruhrpott nach Oberfranken und dann an die See. Aber der Umzug in den Norden fiel mir nicht schwer, da ich familiär auch schon immer dort verwurzelt bin und es eine Art zweite Heimat ist. 2007 habe ich dann mein Studium in Kiel abgeschlossen.

Und wie ging es dann weiter?

Marijke Lübker: Zum Ende des Studiums kam unser erstes Kind zur Welt. Eine Woche vor der Geburt habe ich meine Examensarbeit abgegeben. Nach dem Studium habe ich erstmal eine Pause eingelegt, unser zweites Kind bekommen und war vier Jahre lang in Elternzeit. 2011 habe ich dann mein Referendariat in Niedersachsen begonnen, weil die Warteliste in Schleswig-Holstein zu lang war.

Wo hast du dein Referendariat gemacht?

Marijke Lübker: In Bleckede im Landkreis Lüneburg, an einer Realschule. Nach meinem Referendariat bin ich an der Schule geblieben, wo ich ausgebildet wurde, und bekam direkt eine Planstelle, was damals etwas Besonderes war. Ich wurde verbeamtet und sofort Klassenlehrerin.

Was hat dich dann zur Schule in Trägerschaft der Schulstiftung der Nordkirche geführt?

Marijke Lübker: Ich habe gemerkt, dass ich im staatlichen Schulsystem wenig Kontrolle über meinen Arbeitsplatz hatte. Mein damaliger Schulleiter hat mich informiert, dass ich wegen rückläufiger Schülerzahlen wahrscheinlich abgeordnet werde. Das wollte ich nicht, weil mein Mann und ich an unseren Wohnort gebunden sind. Das war der Punkt, an dem ich entschieden habe, dass ich so nicht Lehrerin sein will.

Und dann war der Weg frei für die evangelische Schule Gülzow, richtig?

Ja, parallel zum Referendariat habe ich den Trägerverein unserer Evangelischen Schule in Gülzow mitgegründet. Die Schulgründung war ein riesiger Aufwand und wäre ohne ein gutes Miteinander und die Unterstützung vieler engagierter Menschen nicht möglich gewesen. Unser damaliger Pastor hatte die Idee, dass Gülzow wieder eine Schule braucht, und so bildete sich 2010 eine Initiative aus acht Leuten. Nach zwei Jahren harter Arbeit und vielen Hürden haben wir es geschafft, 2012 die Schule zu eröffnen. Die Schulstiftung der Nordkirche war von Anfang an im Hintergrund und hat uns unterstützt, was entscheidend war, da wir sonst nicht durchgehalten hätten.

Das klingt nach einer intensiven Zeit. Und dann hast du deinen Sohn an dieser Schule eingeschult, richtig?

Marijke Lübker: Genau. Unser ältester Sohn war einer der ersten Schüler. So hatte ich zunächst die Elternperspektive und konnte hautnah miterleben, wie die Schule sich entwickelte. Das hat meinen Blick auf die Reformpädagogik und die jahrgangsübergreifenden Klassen geschärft, weil ich selbst aus einem klassischen Schulwesen komme.

Und irgendwann bist du dann auch als Lehrerin eingestiegen?

Marijke Lübker: Ja, das stimmt. Als meine Vorgängerin mich fragte, ob ich hier nach meiner Elternzeit unseres dritten Kindes arbeiten möchte, war das eine große Entscheidung. Ich habe meine Verbeamtung gekündigt und 2017 hier als Lehrerin und auch gleich als Stammgruppenleiterin begonnen.

Was war für dich der größte Unterschied zwischen der Arbeit hier und an staatlichen Schulen?

Marijke Lübker: Der größte Unterschied ist das Miteinander. Hier ziehen alle an einem Strang und arbeiten im Team. Das habe ich an meiner Ausbildungsschule ganz anders erlebt, wo ich oft Einzelkämpferin war. Hier bringt jeder seine Stärken ein, und das macht den Alltag viel bereichernder. Außerdem können wir die Schule aktiv mitgestalten und weiterentwickeln. Jede Kollegin hier ist mit ganz viel Herzblut und Einsatz dabei.

Das ist ein interessanter Weg. Und jetzt bist du Schulleiterin?

Marijke Lübker: Genau, nach einigen Jahren als Lehrerin, kam meine damalige Schulleitung auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, sie in ihrem Sabbatjahr als Leitung zu vertreten. Darüber war ich erst einmal sehr überrascht, fand den Gedanken dann aber doch spannend. Schließlich wurde aus der Vertretung die dauerhafte Leitung, da meine Vorgängerin auch in dieses Amt nicht mehr zurückwollte. Zeitgleich hat die Schulstiftung mir die Fortbildung zur Schulleiterin angeboten, die sogenannte Schulleiterqualifikation. Und das hat für mich sehr gut gepasst.

Das klingt nach einer Menge Arbeit. Hilft dir deine kaufmännische Ausbildung in deiner Rolle als Schulleiterin?

Marijke Lübker: Die kaufmännische Ausbildung und auch mein zweites Studienfach Wirtschaft ist tatsächlich eine Hilfe. Verwaltung, Organisation und Finanzen sind wichtige Aspekte meiner Arbeit als Schulleiterin. Diese Kenntnisse helfen mir, die Schule auch in diesen Bereichen gut zu führen.

Ihr habt auch Pläne, Ausbildungsschule zu werden. Was bedeutet das genau?

Marijke Lübker: Ja, das ist ein festes Ziel von uns. Wir wollen Referendare ausbilden und haben schon erste Anfragen bekommen. Das zeigt uns, dass unser Ansatz ankommt. Es wäre toll, wenn wir dadurch frischen Wind, neue Ideen und Nachwuchs ins Kollegium bringen könnten.

Wie ist das mit dem Lehrermangel bei euch?

Marijke Lübker: Momentan sind wir gut ausgestattet. Aber viele meiner Kolleginnen sind älter und gehen bald in den Ruhestand. Für die nächsten zwei Jahre bin ich noch gut besetzt, aber danach werde ich wieder neue Lehrer brauchen.

Bis dahin seid ihr aber bestimmt Ausbildungsschule und habt tolle Referendare.

Marijke Lübker: Ja, das hoffe ich auch.

Vielen Dank für den spannenden Einblick in dein Leben mit der Schulstiftung.

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